Seit einiger Zeit höre ich regelmäßig dieses nagende „Ultracycling-Flüstern“ im Hinterkopf. Ich verfolge die Szene schon länger, vor allem seit ich bei Dowe bin und dort viele Athleten kenne, die auf extremen Distanzen zuhause sind. Letztes Jahr durfte ich Rainer Steinberger beim Adriatic Marathon betreuen — und danach war für mich klar: Das will ich auch mal ausprobieren. Erst einmal auf einer moderateren Distanz und ohne allzu viele Berge. Deshalb fiel die Wahl auf das Race Around Niederösterreich www.ran-bike.at — mittlerweile ein fester Termin vieler Ultracyclisten. Die Veranstaltung ist top organisiert, schon beim Check-In fühlte ich mich willkommen.
Die Vorbereitung begann im Winter. Als kompletter Neuling fragt man sich schnell: Was brauche ich alles? Wer begleitet mich? Gibt es Leute, die mich bei so einer Tortur unterstützen? Zum Glück: Ja. Jenny (meine Frau), Yvonne (ihre beste Freundin), Pierre und Stefan sagten sofort zu. Keiner von uns wusste genau, was kommt — nur die Eckdaten: 600 km, 6000 Höhenmeter innerhalb des Zeitlimits. Also testeten wir über den Winter alles Mögliche: Trinknahrung, Bekleidung, Positionen auf Renn- und Zeitrad, bis hin zum Regalsystem für das Pacecar.



Bild von Herbert Neubauer
Mein Start war um 16:16 Uhr, Startnummer 9. Und dann begann die Reise durch Niederösterreich. Mein Plan war klar: Egal was passiert — ich halte konsequent meine vorgegebenen Leistungswerte. Umso überraschter war ich, als wir schon bald erste Konkurrenten einholten. Bis tief in die Nacht lief alles rund; es fühlte sich fast wie eine zügige Kaffeefahrt an. Ich hielt das Ernährungsprotokoll strikt ein. Zwei kleine Pannen und ein Verfahrer trübten die Stimmung nur kurz — ich fand schnell wieder in meinen Rhythmus.





Mit Mitternacht stellte sich jedoch ein größeres Problem ein: Mein Magen fühlte sich an wie nach einem üppigen Festessen — ich konnte nichts mehr essen. Erst gegen Morgengrauen zwang mich das Team wieder zur Nahrungsaufnahme — die richtige Entscheidung, denn kraftmäßig hatte ich schon Einbußen. Am Morgen führte die Route über den Semmering ins Gebirge. Ein heftiger Regen zu Beginn zog glücklicherweise schnell ab und der Tag wurde sommerlich warm.

Die verbleibenden Stunden brachten keine neuen Schwierigkeiten. Ich sammelte die letzten Reserven und steuerte mit dem Team gemeinsam nach Weitra. Alle waren erschöpft — trotzdem hieß es: nicht sparen, mit Dampf ins Ziel. Am Ende standen 28:29 Stunden auf der Uhr für 600 km und 6000 hm — ziemlich genau in dem Bereich, mit dem ich gerechnet hatte (rund 28 Stunden).

Fazit: Das Rennen gehört zu meinen bleibenden Erlebnissen. Nicht alles lief perfekt — aber als Debütant in diesem Format ist das nicht schlimm, eher menschlich. Wir fanden immer Lösungen, lachten viel und hatten auch den ein oder anderen Tränenmoment (zwinker an Yvonne). Es war ein riesiger Spaß — und sicher nicht mein letztes Ultracycling-Event. Die Stimmen in meinem Kopf sind schon wieder da …

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